Predigtwort von Pater Wolfgang

Predigttext: Joh 15, 1–8 5. Ostersonntag (B)
02.05.2021 Fischingen

Schwestern und Brüder,
ja - es gab mal eine Zeit ohne Smartphones. Das können sich jüngere Leute kaum vorstellen. Und die Dinger sind ja wirklich praktisch: man kann sich von überall her in den
sozialen Netzwerken bewegen und sich über alles ganz schnell informieren, man kann über Messenger-Dienste mit allen möglichen Leuten stundenlang kommunizieren,
man kann alle möglichen Apps anklicken - und damit sogar telefonieren und angerufen werden. Auch wenn das Ding manchmal ganz schön nervt – es ist einfach praktisch,
vor allem wenn was Unerwartetes passiert oder einem etwas dazwischen kommt und man sich dann von überall her melden kann.

Aber was nützt das schönste Handy oder Smartphone, wenn man auf einmal kein Netz hat oder – noch schlimmer – wenn der Akku plötzlich leer ist? Deshalb weiß jeder,
daß es normal ist, den Akku immer wieder aufzuladen. Denn ohne Strom geht da nichts. Für Smartphones, Tablets und Laptops und für alle Geräte, die Strom brauchen,
gilt: Sie funktionieren nur, wenn sie mit einem Akku oder einer Steckdose verbunden sind und „Saft“ haben. Und das gilt analog auch für uns Christen:

Ohne Kontakt zu Gott, ohne eine funktionierende Verbindung zu Christus geht eigentlich nichts -  oder es geht einem irgendwann die Puste aus.
Jesus könnte auch sagen: „Ich bin das Kraftwerk und liefere Energie. Bleibt in mir, bleibt mit mir verbunden, bleibt am Netz, dann habt ihr immer Kraft zum Leben!“ In der bildlichen Sprache Jesu heißt das im Evangelium heute: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, bringt reiche Frucht, denn
getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“

Die Natur draussen ist wunderbar wieder zum Leben erwacht. Es grünt und blüht überall. Wer ein bisschen herumfährt, sieht überall blühende Bäume. Schneiden Sie jetzt in dieser Jahreszeit doch mal von einem blühenden Obstbaum oder einem Weinstock einen Zweig ab und stellen Sie ihn daheim ins Wasser: Sie werden mit noch viel Geduld vergeblich auf Früchte warten. Weinreben und Ostzweige tragen nur dann Frucht, wenn sie am Weinstock, wenn sie am Obstbaum bleiben. Ist doch klar!

Komisch, daß wir das ganz normal finden, uns aber schwer tun mit der Übersetzung von Bildworten Jesu in unser Leben. Jesus sagt es doch ganz klar: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, bringt reiche Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, verdorrt.“ Das ist keine Drohung, Schwestern und Brüder, sondern eine Einladung. Und die heißt: Wer mit Jesus tagtäglich in Verbindung bleibt, kann bei ihm die Kraft zum Leben
tanken. 

Das wissen doch aus eigener Erfahrung alle die, denen es im Leben schon mal schlecht gegangen ist - und die sich gerade dann festhalten konnten an Gott, an Jesus Christus, an seinem Kreuz und an der Gewissheit seiner Auferstehung. Der Glaube trägt, die Verbundenheit mit Jesus macht Mut, die Freude an Gott ist unserer Stärke. Und wie kommt man dazu? Eigentlich ganz einfach: Man muss nur dran bleiben, nur in Verbindung bleiben mit ihm. Ich muss nur in ihm „bleiben“.

Übrigens: das Wort „bleiben“ kommt im Evangelium heute – haben Sie mitgezählt? – ganze acht Mal vor: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch“, sagt Jesus. „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, bringt reiche Frucht“. Darum geht es ihm: daß wir in
ihm bleiben und so Frucht bringen. Und was heißt das, „in Jesus bleiben“? Und was bedeutet „Frucht bringen“? Das ist
wohl mehr als nur hin + wieder an ihn zu denken, mehr als sonntags zur Messe zu gehen. Das ist mehr als gelegentlich das „Vater unser“ aufzusagen und dabei mit den Gedanken ganz woanders zu sein. „In Jesus bleiben“ hat was zu tun mit dem Herzen. Wenn man jemand lieb hat, ist man mit diesem Menschen doch innerlich ganz eng verbunden, wo immer man ist,
was immer man tut. Man will viel beieinander sein, man redet viel miteinander, man erlebt viel miteinander, man weiß viel voneinander, man sehnt sich nach diesem Menschen + man möchte diesen Menschen froh + glücklich sehen. Man ist mit dem Herzen ganz bei ihm.

Kommt Jesus so in Ihrem alltäglichen Leben vor? Na ja, vielleicht nicht ganz so. Das wäre wohl noch ausbaufähig. Da könnten wir uns noch ein bisschen mehr drum mühen und es einüben, wenn man nur will. In Jesus bleiben heißt: in seiner Liebe bleiben. Das ist keine Sache des Gefühls, sondern des gelebten Lebens. Wenn ich als Christ/-in meinen Glauben lebe, wenn ich die Liebe tue – dann bleibe ich in Christus und dann bringe ich Frucht, viel Frucht sogar. Deshalb ermutigt uns Jesus, mit ihm verbunden zu bleiben (so wie die Rebe am Weinstock), bei ihm gleichsam eingestöpselt zu bleiben, damit der Akku unserer Seele immer Saft hat, damit uns seine Lebenskraft erreicht und seine Worte uns zu Herzen gehen. Dann werden wir „richtig“ leben – das heisst in seinem Sinne - und durch unser Verhalten gute Früchte bringen. Denn an unsern Früchten, an unserm Verhalten wird man erkennen, ob wir Christen sind oder nicht. 

Oder meinen wir immer noch, daß wir eigentlich auch ganz gut allein zurechtkommen – auch ohne ihn? Ohne Gott?